Good-Practice: Die Kochwerkstatt.
Wenn es um die Umsetzung von BioRegio in der Küche geht, sind viel Kreativität, Mut und Eigeninitiative vom gesamten Team gefragt. Keine leichte Herausforderung in einem stressigen Arbeitsalltag. Oder?
Die Herausforderungen, welche in einer Küche mit BioRegio Lebensmitteln warten, sind vielschichtig. Nichtsdestotrotz zeigte Petra Melchers von der Konradihaus-Küche der Caritas in Konstanz, wie viel Freude in den Beruf zurückkehren kann, wenn man sich mit Lebensmitteln wieder handwerklich beschäftigt.
Schon in der Vorstellungsrunde der Teilnehmenden wurde klar, allein der Austausch zu Erfahrungen in den Küchen birgt einen großen Mehrwert. Für eine konkrete und langfristige Umsetzung von mehr BioRegio stecken viele Herausforderungen im Detail. Eine Liste mit den erfahrenen „TAKE-AWAY“-Hilfen zur Umstellung auf biologische und regionale Lebensmittel finden Sie nachfolgend. Ein besonders wichtiger Faktor für die erfolgreiche Implementierung ist lt. Frau Melchers, die richtige Kommunikation. Egal ob an der Ausgabetheke oder bei der Arbeit in der Küche „Mein Gegenüber muss stehts das Gefühl haben, selbst auf diese Idee gekommen zu sein“. Ihr Betrieb wurde erst vor wenigen Jahren komplett umgekrempelt, wie Sie selbst es beschreibt. Von alltäglichen Abläufen bis hin zu Garzeiten, wurde alles an die neuen Gegebenheiten der Frischeküche mit teils biologisch regionalen Lebensmitteln angepasst. Rezepte wurden verändert und neu interpretiert. Dabei gibt Frau Melchers zu, anfänglich war sie selbst nicht von der Praktikabilität von BioRegio in der AHV überzeugt. Doch ihre Erfahrungen zeigen die vielen Mehrwerte, die die Umstellung für sie und ihren Betrieb gebraucht hat. Mit den positiven Nebeneffekten wie weniger Überstunden und Krankheitsfälle im Vergleich zu früher, trotz vermeintlich mehr Arbeit durch die Frischeküche, hätte Frau Melchers nie gerechnet.
Im praktischen Teil der Kochwerkstatt, wurde das Gemüse des Hofguts Rengoldhausen zuerst besprochen. Speziell die sogenannte saisonale B-Ware wurde in der Werkstatt bearbeitet, weil sie zwecks Preissensitivtät ein wichtiges Produkt für Mensen ist. So verarbeiteten die Teilnehmer*innen die zweifarbigen Paprika, unförmige Kartoffel, zu kleinen Brokkoli-Köpfen und geschossenem Fenchel. Ein wichtiger Teil, war ebenso die besondere Schnitttechnik von Frau Melchers, welche durch an die Garzeit angepasste Stückgrößen zu einem besonders schmackhaften Erlebnis führten. In nur 27 Minuten wurden eine bunte Bio-Vielfalt zu zwei gesunden und leckeren Gerichten verarbeitet. Als Proteinzulage gab es optional Feta und Mozzarella, sowie frische Kräuter zum weiteren Verfeinern.
Nach dem gemeinsamen Essen konnten die Teilnehmenden durch Dr. Armin Geisinger einen wissenschaftlichen Blick auf die Mehrwerte von biologischen und regionalen Lebensmitteln erlangen. Somit konnte das Potenzial von mehr BioRegio für unsere Gesellschaft, Gesundheit und Umwelt weiter vertieft werden. Ein komplexer Zusammenhang zwischen einer gesunden Ernährung und den gesellschaftlichen Leistungen des Ökologischen Landbaus hin zu mehr Klima- und Ressourcenschutz. Zudem konnte Raum geschaffen werden, um auch kritische Fragen zu beantworten. Wie beispielsweise der geringere Ertrag in der biologischen Landwirtschaft einzuordnen ist.
Zum Abschluss des Tages, konnten die Teilnehmenden die Praxis des ökologischen Landbaus durch den Gemüseanbau am Hofgut Rengoldshausen erleben. Eine spannende Führung von Mirjam Neyrinck zeigte die sommerliche Vielfalt am Betrieb Rengoldshausen von der Jungpflanzenanzucht bis hin zu den Gewächshäusern mit Auberginen, Tomaten, Gurken und Paprika.
Wir bedanken uns herzlich bei Frau Petra Melchers für die vielen inspirierenden Lehren aus ihrem Alltag und bei Frau Mirjam Neyrinck für die exklusiven Einblicke in die Gemüseproduktion am Hofgut Rengoldshausen.
24 "TAKE-AWAY"-Hilfen für die Umsetzung von mehr BioRegio 1. Mit Bio-Trockenware beginnen, dann Gewürze
2. Bei Kalkulationsproblemen – Öle erstmal nicht Bio
3. Kinderverpflegung? Allergien von Arzt bestätigen lassen
4. Nudeln & Kartoffeln am Tag vorher kochen – besseres Management im Tagesablauf + Besser verträglich & gut für die Darmbakterien
5. Gemüse im Winter ist teuer, Sprossen als Ersatz! Kinder miteinbeziehen: „Wir ziehen Sprossen selbst“ (Wachstum im Glas sichtbar), wieviel Menge ist nötig? Sprossen auf Lochblech selbst ziehen, je nach Keimgröße feuchtes Tuck unten in Blech einlegen; Sprossen sind gute Proteinquellen für Kinder, Hülsenfrüchte sind oft unbeliebt bei Kindern
6. Kein Gemüse bekommen? Oder ist Winter? Erbsen, Bohnen und Mais als Gemüse-Notfall- und Farb-Komponente
7. Preisdruck? Weniger Fleisch in Bolognese, dafür mehr Gemüse
8. Weniger Überstunden sammeln wegen mehr Freude an der Arbeit
9. Soße mit Schwarzwurzeln (püriert) als Bindemittel
10. Menschen Zugang zu Lebensmittel geben
11. Richtig benennen! Zielgruppenrechtes-Wording egal ob Altenheim oder Kindergarten > kreativ sein
12. Mit spezieller Ansprache an der Theke – Mengen regulieren, Was muss weg? Wichtig: Das Gegenüber muss das Gefühl haben selbst entschieden zu haben
13. Alte Sorten den Mitarbeiter*innen vermitteln – Verschiedene Sorten mitbringen, Vor- & Nachteile erlebbar machen Bsp.: 14 versch. Feldsalat Sorten
14. Aufklärung zu Inhaltsstoffen in vegetarischen oder veganen Ersatzprodukten, E-Nummern/ künstliche Geschmäcker „Schaut hinten drauf“
15. Viel Aufklärungsarbeit in Elternabenden. Aktion: Tüte mit Zutaten und Rezepten für 4 Personen, vegetarische Gerichte mit Preisangaben
16. Gerichte, die „In“ sind > Machen was die Kunden wollen in „Frisch und Gesund“
17. Zielgruppenspezifische Menüs – Bildungsgrad und Alter oft relevant für vegane oder vegetarische Nachfrage
18. Gemüsestücke nach Garzeit in verschieden große Stücke schneiden - dünsten ist besser für den Erhalt der Inhaltsstoffe
19. Gemüse schräg schneiden – damit der Kunde/ die Kundin sieht, dass es keine Massenware, sondern etwas besonderes ist („Nix da Tüte“)
20. Bio-Regional? „Eh, moderner Firlefanz – Nein! Alles alte Kunst“
21. Man muss etwas ins Rollen bringen, aber dann läufts – Kinder erziehen Eltern
22. Umdenken ist wichtig! Wir haben alles umgekrempelt (Garverfahren, Rezepte, Beruf ist jetzt wieder Handwerk, Mitarbeitende haben Spaß an den Materialien
23. Bio-Zertifizierung - Bio-Anteilbestimmung nach Waren-Einkaufswert
Projektleitung EIP-Projekt „BioRegio Außer-Haus“
Bettina Dreiseitl-Wanschura
bettina@dreiseitl.de
Tel.: 0151 / 44006304
Petra Melchers, Konradihaus Küche der Caritas Konstanz
https://konradi-kocht.de/
Mirjam Neyrinck, Hofgut Rengoldshausen
https://www.rengo.de/