Am 14. Mai 2024 besuchte das Team von „BioRegio Außer-Haus“ zwei Best-Practice-Betriebe im Vorderen Bregenzer Wald. Bei bestem Wetter und idyllischer Bergkulisse erhielten die Teilnehmenden exklusive Einblicke in die Entstehungsgeschichten, Entwicklungsprozesse und die innovativen Umsetzungen von nachhaltiger Schulverpflegung in und durch die Region. Das LOKAL in Hittisau ist eines der drei Küchen des Vorderwalds, welche die Schulen in neun Gemeinden versorgen. Gerhard Beer, amtierender Bürgermeister von Hittisau, Monika Forster, die Projekt-Initiatorin der Energieagentur Vorarlberg und Ida Bals, als visionäre Pädagogin und Angestellte der Kommune präsentierten mit begründetem Stolz nicht nur das LOKAL selbst, sondern die Motivation, die Herausforderungen und den Schlüssel zum Erfolg. Das Schullokal ist im beeindruckenden Ambiente des neuen Schulholzbaus untergebracht. Da der Speiseraum zugleich Veranstaltungsraum für die Bürgerschaft ist, ist das Mobiliar flexibel und besticht durch seine sehr schlichte, aber zweckdienliche Form – natürlich produziert im Bregenzer Wald. Pro Küche werden zwischen 350 und 500 Essen pro Woche frisch hergestellt. Über die Gemeinden hinweg erfolgt ein gemeinsamer Einkauf, Rezepturen werden ausgetauscht, und eine gemeinsame Website mit elektronischer Bezahlfunktion für die Eltern ist eingerichtet. Doch die Köchinnen und Köche entscheiden je nach Vorliebe über die jeweiligen Gerichte selbst. Eines wurde ganz klar: der Erfolg eines solchen innovativen Projekts gebührt dem Mut und der Innovationskraft jener Menschen, die hinter dem Projekt stehen. Das sind unsere Gastgeber/innen und schließlich auch die Gemeindeverantwortlichen.
Bürgermeister Gerhard Beer hat eine pragmatische und zukunftsorientierte Haltung: „In einer Gemeinde fließen sehr viele Gelder in die Gesundheit und Pflege. Die zukünftigen Erwachsenen werden wesentlich bewusster für gesunde und nachhaltige Ernährung sein, wodurch die Gemeinde Kosten sparen wird.“ Monika Forster hat die intrinsische Motivation, die Themenfelder der Nachhaltigkeit und den Bildungsauftrag der Gemeinden neu zu denken: „In den Köpfen der Menschen ist Verpflegung noch kein potenzielles Nachhaltigkeitsfeld.“ „Dabei ist das ja eigentlich naheliegend – erneuerbare Energie für unsere Kinder quasi“, sagt Gerhard Beer. Dass Ernährung etwas bewirkt, wurde auch in der Kommunikationsstrategie für die Schülerinnen und Schüler verankert. Wodurch im LOKAL nicht von einer Mensa, sondern eben von einem Lokal gesprochen wird. Die Schüler*innen sind Gäste und die Küche ist eine Frischeküche. Aber auch Slogans am Geschirrwagen, wie „Gutes Klima für alle“, „Wir sind fit“, oder „Wir wissen, was wir essen“ sollen den Mehrwert des Schullokals für Klima, Gesundheit und die Region bewusster machen. Als wäre dies nicht schon genug der beeindruckenden Leistung der Gemeinden, so wurden auch die Themen Fachkräftemangel und Lebensmittelverschwendung in der Konzeption mitgedacht.
Die Küche wird als gläserne Küche betrieben und lässt somit das besondere Handwerk der Frischeküche sichtbar werden. Tellerreste werden gesammelt und fotografiert, um ein Bewusstsein zu schaffen, und die Essensausgabe erfolgt im ersten Schritt mit einer kleineren Portion, wobei Nachschlag erlaubt ist. Das Schullokal verlieh den Teilnehmenden nicht nur mit seinem stimmigen Gesamtkonzept das Gefühl im „Bullerbü der nachhaltigen Außer-Haus-Verpflegung“ angekommen zu sein, sondern überzeugte auch durch die starke organisatorische und finanzielle Struktur im Hintergrund, sowie die ambitionierte interne Kommunikationsarbeit. „Kommunikation zwischen den Küchen- und Ernährungsteams ist das A und O für den Erfolg“, sagt Ida Bals. Zum Abschluss wurden wir selbst Gäste des Lokals und überzeugt von der Qualität der Speisen! Das gesamte Konzept und dessen Realisierung haben wohl auch die Jury des Austrian SDG-Award überzeugt, mit dem das LOKAL im Jahr 2023 ausgezeichnet wurde.
Der ebenso ambitionierte Betrieb FAIRKOCHT in Schwarzenberg wird von Wolfgang Mätzler und Bianca Erath geführt. Als Sternekoch und Ernährungslehrer versteht er sich nicht nur auf beste Küche, sondern auch auf den Umgang mit Kindern und Jugendlichen, die in die Küche des Angelika-Kaufmann-Saals im schönen Schwarzenberg zum Essen kommen. Sehr wertvoll sind seine Impulse zum Gespräch mit Kindern sowie sein Engagement für faire und nachhaltige Lieferbeziehungen. Besonders die hohen selbstgesteckten Standards zu Tierhaltung, Verwertung und regionalen Beziehungen sind keine Selbstläufer und bedeuten viel Arbeit in den Bestellprozessen. Als Herausforderungen sieht Mätzler zum einen, die regionalen und wenn möglich Bio-Lebensmittel in die Küchen zu bekommen; vor allem frisches Gemüse fehlt in der Region, und zum anderen sei der Koch das Zünglein an der Waage.
Wenn Wolfgang Mätzler sagt: „Wir müssen viel Herzblut reinstecken“, dann meint er das auch so und reagiert mit seinen fünf Angestellten flexibel auf die Ressourcen aus der Region. Mit der Marke „Geschichten im Glas – Heimisches fairkocht“, werden Reste ver- und aufgewertet. Auch Fairkocht sieht ein großes Potenzial bei jungen Menschen. Durch die rein natürlichen Inhaltsstoffe kann sich der Geschmack der Kinder entwickeln und durch den persönlichen Austausch entsteht eine Beziehung zur regionalen Lebensmittelerzeugung und dem „Koch-Handwerk“. Bei beiden Betrieben liegen die Preise pro Schulessen im Durchschnitt bei 5,80 EUR; somit rund einen Euro über dem deutschen Schnitt.
Gut gefördert werden die Projekte durch das Landesprogramm von Vorarlberg „kinder.essen.körig“. Verbesserungswürdig sei, die Wertschöpfungskette auf die gesamte Bodenseeregion auszudehnen, um den Bedarf an frischem Gemüse aus Baden-Württemberg oder Bayern zu ermöglichen. Die Exkursion war eine besondere Gelegenheit für praktische Erfahrungen, wertvolle Kontakte und eine große Portion Inspiration mit nach Hause zu nehmen. Damit ist BioRegio Außer-Haus eine große Idee reicher für eine lückenlose Wertschöpfungskette in der Bodenseeregion. BioRegio bedankt sich ganz herzlich bei den Exkursionsbetrieben für ihre Gastfreundschaft und Offenheit.
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